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VON WASSER, KRAFT UND NATÜRLICHEM WIDERSTAND

• VON WASSER, KRAFT UND NATÜRLICHEM WIDERSTAND •

Gestern habe ich in einem Artikel über die schwedische Schriftstellerin Selma Lagerlöf einen wunderschönen Satz gelesen: „Menschen am Meer denken anders als Menschen im Gebirge, weil die natürlichen Widerstände andere seien.“. Schön, oder? Ich mag den Gedanken, dass die Botanik, die Geologie, die uns umgibt, eine Wirkung auf uns hat. Ich bin zwar nicht am Meer aufgewachsen, es gab auch keinen See in meiner unmittelbaren Umgebung, aber eine meiner liebsten Kindheitserinnerungen ist das Spielen am kleinen Bach hinter dem Haus meiner Großeltern.

Ich liebe das Wasser.

Wann immer ich ans Ufer eines Gewässers komme, muss ich meine Zehen ins Wasser halten. Ich kann nicht mit einem Boot fahren, ohne eine Hand ins Wasser zu stecken. Ich mag, wie Wasser sich anfühlt – prickelnd kühl oder wohlig warm – die Temperatur, der Druck, der Widerstand, die Konsistenz auf meiner Haut.

Ich mag wie Wasser riecht.

Jeder kennt den Moment, wenn man ans Meer fährt, und irgendwann liegt plötzlich das Salz in der Luft. Aber auch bei Seen ist das so. Seit meiner Kindheit, als noch die ganze Familie Urlaub in Kärnten gemacht hat, gibt es bei uns an einem bestimmten Punkt der Anreise den Ausspruch: „Riechst ihn schon, den Klopeiner?“.

Ich höre Wasser gern.

Das Plätschern und Blubbern beim Fließen, die Dämpfung und Stille beim Untertauchen, das Zischen und Sieden beim Erhitzen, das Knacken und Krachen von Eis, das Platschen und Rauschen von Wellen am Strand oder bei der Arschbombe in den See, das Klatschen und Krachen von fallendem, tosendem Nass.

Und ich liebe, was Wasser mit mir macht.

Wasser beruhigt, lullt mich ein, klärt meinen Kopf, bringt mich ganz zu mir. Als mich mit 18 in Wien das Heimweh geplagt hat, hab ich mich fast jeden Tag in die Badewanne gesetzt. Wenn ich ganz aufgelöst bin, hilft mir sogar eine ausgiebige Dusche, mich wieder „zusammenzuklauben“. Meine liebste sportliche Betätigung ist Schwimmen (Yoga ist ja kein Sport in dem Sinn!). Und für mich ist Urlaub kein Urlaub, wenn es kein Meer, keinen See oder kein Thermalbecken gibt.

Vielleicht fasziniert Wasser mich deshalb so, weil es mich immer wieder an etwas Essenzielles erinnert, das auch im Leben so ist:

Alles verändert sich. Immer. Bei Hitze entsteht Dampf, bei Kälte Eis. Wellen bauen sich auf und entladen ihre Wucht beim Ausrollen. Dagegen ankämpfen ist sinnlos – du kannst nur mitgehen, die Kraft anerkennen und den Moment genießen.

 

(Foto von Yoann Boyer auf Unsplash)
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