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DIE GEWOHNHEIT IST EIN HUND

• DIE GEWOHNHEIT IST EIN HUND •

Vor ca. zwei Monaten habe ich hier geschrieben, dass ich mal meine Routinen durchbrechen und im Lotussitz auch mal das rechte auf das linke Bein legen will statt immer nur umgekehrt. Was soll ich Euch sagen…!?! Es war fürchterlich. Anstrengend. Nach drei Minuten hat das Bein geschmerzt, nach fünf war es eingeschlafen. Von Entspannung keine Spur. Nach zwei Wochen herumprobieren und leiden hab ich ganz elegant aufs Routine-Brechen gepfiffen.

Was macht es einem eigentlich so schwer, etwas zu verändern, auch wenn man das gern möchte? Ich sag’s Euch: die Gewohnheit. Die ist nämlich ein Hund. Man macht Dinge und reagiert auf Ereignisse normalerweise so, wie man es gewohnt ist. Denn so weiß man, was einen erwartet. Das ist nicht nur bequem, das ist vor allem auch sicher. Man weiß, wenn man zum Beispiel im Streit eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag legt, was dabei herauskommen wird. Und das gibt einem das Gefühl von Sicherheit – ein Grundbedürfnis des Menschen.

Will man aber etwas verändern, muss man auch sein Verhalten ändern. Und auch wenn man das verstanden hat, fällt es trotzdem schwer – bleiben wir beim Streit – auf Angriffe oder Enttäuschungen nicht im gewohnten Muster zu reagieren. Denn Gewohnheiten sind stark. Etwas anders zu machen ist schwierig, weil es Angst macht. Man weiß (noch) nicht, was das neue Verhalten für einen Effekt haben wird, und reagiert unbewusst lieber so wie immer.

Gewohnheiten sind wie Muskeln. Wer etwas Anderes, Neues will, muss neue Muskeln aufbauen und trainieren. Erst wenn die neuen Muskeln, die neuen Gewohnheiten, stark genug sind, wird das neue Verhalten auch leicht gehen und uns nicht mehr so anstrengen. Und wenn man wirklich etwas in seinem Leben verändern will, muss man da durch. Es gibt keine Abkürzung. Das braucht Mut und ist mitunter sehr anstrengend. Man erleidet Rückschläge, verfällt wieder in alte Muster, man muss mit sich geduldig sein und sich immer wieder aufraffen.

Irgendwann ist es aber dann ganz einfach, ganz selbstverständlich, es tut gut und man weiß plötzlich überhaupt nicht mehr, warum man das nicht schon immer so gemacht hat. Daran hab ich mich erinnert und geduldig wieder begonnen, das rechte Bein auf linke zu legen. Mittlerweile bereitet es mir keine Schmerzen mehr. Ich kann angenehm im Lotussitz sitzen, egal welches Bein oben und welches unten liegt. Das verändert nicht die Welt und auch nicht mein Leben. Es gibt mir aber ein kleines Gefühl von Freiheit. Freiheit mich jeden Tag aufs neue selbst entscheiden zu können, wie ich es denn heute haben will.

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